Weihnachtsbrief 2022

Weihnachtsbrief 2022

Dezember 2022

Liebe Unterstützer der Elektriker ohne Grenzen,

zum Ausklang unseres Jubiläumsjahrs möchten wir Sie über die Arbeit unseres Vereins in den letzten Monaten informieren. 

10 Jahre Elektriker ohne Grenzen e.V.! Im Juni 2012 haben wir in Karlsruhe mit damals elf Gründungsmitgliedern begonnen, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen: Entwicklung durch Energie zu ermöglichen und die Energiearmut weltweit zu bekämpfen. Am Anfang galt es, eine erste Projektidee für ein Klein-Wasserkraftwerk in Nepal zu prüfen und mit einem Arbeitseinsatz vor Ort umzusetzen. Heute, 10 Jahre später, blicken wir auf eine ganze Reihe weiterer erfolgreicher Projekte und dabei mehrere Tausende unterstützte Personen zurück. Neben Nepal waren wir auch in Bolivien, Haiti, Gambia, Laos, Indien, Ruanda, im Senegal, Tansania und Vietnam aktiv. Unser Technologieschwerpunkt liegt mittlerweile auf der Solarenergie, da die meisten unserer Einsatzländer viele Sonnenstunden pro Jahr aufweisen und die Photovoltaik vergleichsweise wartungsarm ist.

In den vergangenen 10 Jahren sind wir als Verein in unterschiedlichen Bereichen kontinuierlich gewachsen. Zum einen durften wir im laufenden Jahr erfreulicherweise bereits unser 200. Mitglied willkommen heißen. Und zum anderen haben wir uns über die Jahre auch zu einem überregionalen Verein entwickelt, der in erster Linie digital zusammenarbeitet. So gelingt es uns, engagierte und fachlich versierte Mitglieder unabhängig von ihrem Wohnort zusammenzubringen. Die Einsatzbereitschaft, das hohe Engagement und nicht zuletzt die Fachkenntnisse unserer Freiwilligen und Unterstützer ermöglichen die Prüfung, Planung und Umsetzung von Projekten in einer Vielzahl von Ländern.

Nach einer pandemiebedingten Pause haben wir unser Jubiläum dieses Jahr genutzt, um das Vereinsleben und das persönliche Kennenlernen wieder stärker zu fördern. Dafür sind einige Mitglieder der Einladung zum Jubiläumswochenende in die Jugendherberge Heilbronn gefolgt. Hier entstanden auch wieder neue Ideen und nicht zuletzt wurde ein vertiefter Austausch aller bisheriger und potentiell neuer Projektleiter auf den Weg gebracht. Es freut uns besonders, dass sich immer mehr Mitglieder im Bereich Projektarbeit engagieren wollen.

Zum Wachstum des Vereins in den letzten 10 Jahren haben auch Sie maßgeblich beigetragen! Ohne Ihre Geldspenden, Sachspenden, und ohne die Möglichkeit, z.B. im Rahmen von Vorträgen, über die Arbeit unseres Vereins berichten zu können, hätten wir all die Projekte in den vergangenen Jahren nicht realisieren können. Viele von Ihnen begleiten uns nun auch schon mehrere Jahre und schenken uns damit immer wieder aufs Neue Ihr Vertrauen. Dafür wollen wir uns einmal mehr ganz herzlich bei Ihnen bedanken und würden uns sehr freuen, wenn Sie uns auch ins nächste Jahrzehnt begleiten!

2022 haben wir im Rückblick mehrmals an bestehende, gut funktionierende Partnerschaften und Netzwerke angeknüpft.

In Gambia konnten wir in Zusammenarbeit mit den beiden britischen Hilfsorganisationen Gambia School Support und African Oyster Trust ein weiteres Solarstrom-betriebenes Brunnenprojekte realisieren, diesmal an der Schule in Kambong. Dabei wurde analog dem aus dem Vorjahr bewährten Konzept ein ca. 20 m tiefer Brunnen gebohrt und ein mit Solarstrom betriebenes Wasserversorgungssystem mit je drei Entnahmestellen für Trinkwasser, Küche und Toiletten installiert. Das System besteht aus einer elektrischen Pumpe, die von einem Solarstrommodul betrieben wird. Damit jederzeit ausreichend Trink- und Brauchwasser zur Verfügung steht, wurde für die Schule ein ca. 6 m hoher Wasserspeicher aufgestellt, der bei Sonnenschein mittels einer Schwimmerschaltung automatisch mit Wasser nachgefüllt wird.

In der für das Projekt ausgewählten Vorschule wird die frühkindliche Entwicklung von Kindern gefördert, deren Eltern das Schulgeld nicht aufbringen oder die Schuluniform nicht bezahlen können, oder die ihre Eltern verloren haben und in den umliegenden Waisenhäusern leben.

Da die Pumpe des Wasserversorgungssystems mit erneuerbarer Energie betrieben wird, erhalten ca. 150 Schüler und deren Lehrer sowie auch die ca. 800 Einwohner von Kambong nun auf umweltfreundliche Weise jederzeit Zugang zu frischem und sauberem Trinkwasser. Damit kann zum einen die Ausbreitung von Magen- und Darmkrankheiten durch das Trinken von mitgebrachtem oder gekauftem und zum Teil verunreinigtem Wasser verhindert werden. Zum anderen lassen sich durch die verbesserten hygienischen Bedingungen, zum Beispiel auf den Toiletten der Schule, auch eine Vielzahl weiterer Infektionskrankheiten vermeiden. Nicht zuletzt erleichtert die neue Trinkwasserquelle auch die Lehr- und Lernbedingungen im tropisch-warmen Gambia.

Auch die Kooperation, die im Rahmen der „Aktion Schneebergerhof“ im Vorjahr entstand, als mehrere Freiwillige unseres Vereins eine große, ältere Solaranlage in der Pfalz abgebaut haben, wurde dieses Jahr fortgeführt. Die über 840 Module wurden vom Eigentümer gespendet und nach Bolivien verschifft.

Mit einem Teil der Solarpanele wurde dann im Juli dieses Jahres in der Kleinstadt Independencia auf dem Dach des Centro Social eine 7 kWp Photovoltaikanlage installiert. Dies erfolgte unter Anleitung unserer EoG‘ler Jannik und Ole; unterstützt wurden sie dabei von Julia, die den beiden für unser erstes Projekt in Südamerika als Übersetzerin zur Seite stand.

Independencia hat ca. 3.000 Einwohner und liegt in den Anden. Unser dortiger Projektpartner, das Centro Cultural Ayopayamanta, hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bildung von Kindern einerseits und von Erwachsenen andererseits zu fördern. Dies wird durch eine eigene Bibliothek, einen Radiosender, ein Internat, eine Näherei, eine Werkstatt und Workshops mit Experten in diversen Bereichen realisiert. Zusätzlich werden Bildungsangebote zu landwirtschaftlichen Themen für die Bevölkerung angeboten. Bauern im Umland von Independencia werden in der effizienten Bewirtschaftung von Flächen, z.B. für den Obstanbau, geschult. Energieprojekte in Kooperation mit weiteren Organisationen sollen dabei helfen, Schritt für Schritt eine nachhaltige Infrastruktur zu schaffen. Beispiel für solche Projekte sind u.a.:

  • Kleine Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Bauernhäuser inkl. Batterien zur Bereitstellung von elektrischem Strom
  • Von Sonnenergie angetriebene Pumpenanlagen zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen
  • Solarpanele für elektrisches Licht in den Wohnhäusern und zur Warmwasseraufbereitung

Unser Teilprojekt, die 7 kWp Solaranlage, fügt sich nahtlos in das zuvor skizzierte Gesamtkonzept von Independencia ein. Die Photovoltaikanlage wird zur Versorgung des Sozialzentrums der Stadt benötigt. Dieses Sozialzentrum wird von Franziskanerschwestern verwaltet und beherbergt ca. 90 Schüler sowie ca. 10 Angestellte der Primär- und Sekundarschule. Die Anlage speist direkt in das Gebäudenetz ein, sodass eine Stabilisierung der unzuverlässigen, öffentlichen Stromversorgung gewährleistet und gleichzeitig ein Senken der Energiekosten erreicht wird. Unterstützend für die elektrische Versorgung in der Nacht wurde die Anlage an ein Batteriesystem angeschlossen.

In Independencia gibt es darüber hinaus auch ein Centro Ecológico. Das Umweltzentrum ist eine Bildungsstätte für Landwirte sowie Schüler in landwirtschaftlichen Themengebieten. Es sind Obstgärten und Felder zum Testen und Verbessern von Anbauarten und Bewässerungssystemen angelegt worden. Zusätzlich werden an Prototypen Praxiserfahrungen für den eigenständigen Aufbau von Mikro-Photovoltaikanlagen, z.B. für Bauernhäuser in der näheren und weiteren Umgebung, vermittelt. Aufgabe unserer Freiwilligen war zum einen das Erarbeiten von neuen Konzepten zur Schulung der Bewohner und zum anderen das Instandsetzen eines Wechselrichters, der ein Wasserpumpensystem betreibt. Dabei wurde eine Fehlersuche durchgeführt, bei welcher Auszubildende zu technischen Schulungszwecken mit in die Analyse und Reparatur eingebunden waren.

Ein wichtiger Schwerpunkt bei diesem Projekt waren Ansätze im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe. Konkret wurden lokale Handwerker und Freiwillige im technischen Aufbau und der Wartung von PV-Anlagen, der Fehleranalyse und Optimierung von Gebäudeinstallationen zur Verbesserung der Versorgungsstabilität, des Brandschutzes und der Langlebigkeit geschult.

Darüber hinaus wurden mit den lokalen Unterstützern auch Konzepte zur Projektierung bzw. Realisierung zukünftiger Projekte im Bereich der nachhaltigen Energieversorgung erarbeitet. Denn die Container aus Deutschland enthielten noch viele weitere Solarmodule, welche von den geschulten, lokalen Handwerkern und Freiwilligen in Eigenregie auf den Bauernhäusern der Umgebung von Independencia installiert werden sollen.

Dabei werden künftig auch mehrere Werkzeugkoffer zum Einsatz kommen, welche wir z.T. als Sachspende erhalten haben. Die spannungssicheren Werkzeuge, die zukünftig eine sicherere Installation und Wartung der elektrischen Anlagen ermöglichen werden, wurden von den Handwerkern vor Ort dankend angenommen.

Neben den beiden erfolgreich umgesetzten Projekten und unserer Jubiläumsfeier haben uns in 2022 als Verein auch die folgenden Themen beschäftigt und gefreut:

  • Mit unseren internationalen Schwesterorganisationen in Frankreich, der Schweiz und Spanien haben wir eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die den Grundstein für einen vertieften Austausch in den kommenden Jahren legt.
  • Unser Mitglied Stephan hat uns in diesem Jahr mit einem kleinen Stand auf dem Weltsichten Festival in Saalfeld vertreten. Dies war eine tolle Gelegenheit, unsere Arbeit einem jungen, interessierten und besonders weltoffenen Publikum vorstellen zu können.

Außerdem wollen wir Sie bei dieser Gelegenheit auch noch darauf aufmerksam machen, dass sich unsere Vereinsadresse geändert hat. Die neue Adresse lautet:

Elektriker ohne Grenzen e.V., Pfinzstrasse 98, 76227 Karlsruhe

Die nächsten Projektideen sind bereits in Prüfung und unsere Freiwilligen sind hochmotiviert, auch 2023 wieder neue Projekte umzusetzen. Dürfen wir dabei auch wieder auf Sie zählen?

Für den Moment wünschen wir Ihnen eine fröhliche und friedvolle Weihnachtszeit, ein Fest mit vielen energieeffizienten Lichtern und ein gutes neues Jahr!

Herzliche Grüße im Namen des gesamten Teams der Elektriker ohne Grenzen,

Sylvain Volpp

1. Vorsitzender des Vereins